Rezensionen 2013         

        

Allgemeine Zeitung, 3. Dezember 2013

 

Verbrechen im Minutentakt 

OBER-HILBERSHEIM/ESSENHEIM - (red). Brennende Kerzen und rote Äpfel auf dem Tisch, in der Luft ein erwartungsvolles Summen. In anheimelnder Atmosphäre fand in der bis auf den letzten Platz besetzten Scheune des Alten Pfarrhauses in Ober-Hilbersheim die erste von zwei Lesungen der Autorengruppe „Mörderisches Rheinhessen“ statt.

 

Schon zur Tradition geworden sind deren Minutenkrimis, die passgenau auf die jeweiligen Leseorte zugeschnitten sind und Jahr für Jahr ein neues Thema haben. In diesem Jahr hieß es aufgrund der Nähe zu Weihnachten „Advent in…“.

Nicht immer enden diese Kürzestkrimis mit Mord- und Totschlag. Da hält auch schon einmal eine Gans als Opfer her oder die Erstbesetzung des Krippenspiels wird außer Gefecht gesetzt, damit eine reife Maria nach 50 Jahren endlich zu ihrem Einsatz kommt.

 

In Ober-Hilbersheim setzte die Autorengruppe auf eine Mischung aus Bewährtem und Neuem. So wird in Wolfhard Kleins Erzählung eine gesprächige Pensionswirtin mittels einer Killerin zur Strecke gebracht, deren Parole „Felicitas schweigt“ lautet. In Friederike Harigs Geschichte findet ein Architekt mitten im „Nightlife“-Getümmel am Bartresen einer Disco einen rätselhaften Tod. Peter Jackob lässt humorvoll einen Restaurantgast kopfüber tot im „Rahmsüppchen“ landen, was bei dessen Tischnachbarn für Irritationen sorgt. Die Lacher auf ihrer Seite hatte Antje Fries mit „Kräftig im Abgang“, der Geschichte vom Befreiungsschlag der Winzertochter Jutta gegen ihre älteren Brüder.

 

Der Vortragsabend im kerzendurchfluteten, vollbesetzten Gewölbe des Gutes Herzberg in Essenheim stand fast ganz im Zeichen von Weihnachten. Vier der fünf Krimis spielten im Advent – mit Ausnahme der Geschichte von Andreas Wagner. Bei ihm nimmt ein Mann im April 1945 Rache für den Tod seines Sohnes und kämpft „sein letztes Gefecht“. Auch Jürgen Heimbach macht einen Abstecher in die Vergangenheit. An Heiligabend 1947 verteidigt seine Protagonistin ihre „Freiheit“ und sorgt für eine Bescherung der besonderen Art. Nachdenklich wird es bei Heidrun Immendorf, die das Weihnachtslied „Am Weihnachtsbaume, die Lichter brennen“ auf aufwühlende Weise interpretiert. Bei Claudia Platz geht es entspannter zu. Da haut ein „Racheengel“ einen lästigen Restaurantkritiker in die Pfanne und findet eine küchengerechte Verwendung für ihn. Vera Bleibtreu erheitert zum Abschluss die Zuhörer mit „Das perfekte Weihnachtsdinner“, bei dem gleich ein ganzes Team von Hobbyköchen in die Röhre schaut.

 

An beiden Leseorten gab es am Ende der Veranstaltungen nur zufriedene Gesichter: bei den Autoren und Autorinnen, bei den Wirtsleuten, am Büchertisch und ganz besonders im Publikum – auch wenn das 6. Rheinhessische Krimifestival aus organisatorischen Gründen dieses Mal kleiner ausfiel als in den Jahren zuvor. Dafür können sich die Besucher auf 2014 freuen. Dann gibt es in einer anderen Verbandsgemeinde wieder eine Vollversion und die verspricht brandgefährlich zu werden ...